Montag, 16. März 2015
Löffel
Es gibt Dinge, die so zu einem gehören, dass sie einem selbst gar nicht mehr auffallen.
Man merkt erst, wie sehr sie zu einem gehören, wenn man sie vergeblich sucht. Ich meine jetzt nicht den Lippenstift, Taschentücher oder das Handy.
Also-ich hab ja immer einen dabei. In der Handtasche, der großen für jeden Tag. Meinen kleinen Löffel.
Irgendwann entdeckte ich, daß ich nie ohne einen aus dem Haus gehe.
In der kleinen Opernabend-Ausgehtasche findet er meist keinen Platz. Dort vermisse ich ihn allerdings auch nicht allzusehr.
Es könnte zum Beispiel heute gerade ein leckerer Erdbeer-Joghurtbecher vorbeikommen.
Da bin ich ungern schlecht vorbereitet. Ich nehme dann lieber gern den eignen, bunten, selbstgeputzten. Das schmeckt noch besser, und ist hygienischer, denke ich mir.
Und: Er hat schon viel gesehen, mein Löffel. Nicht nur meine Besteckschublade in Erwartung der Mousse au Chocolat.
Andere Länder und Kontinente hat er bereist.
Die letzte Langstreckenflugreise hat er unbeschadet und ohne Jetlag überstanden. Und kam sogar stressfrei durch alle Sicherheitsschleusen auf den Flughäfen. Ohne Nachfragen. Anders als meine Handcremes und Flüssigkeiten, die ich leider vor dem Abflug entsorgen musste. Ein Messer hätte es wohl auch nicht bis ins Flugzeug geschafft.
Kleine Zuckertütchen dieser praktischen übriggebliebenen Cafehauszucker hab ich auch in der Handtasche dabei. Man könnte ja genau diese Kombination einmal brauchen, für die orale Einnahme von Verdauungstropfen z.B. nach der viel zu fetten Currywurst mit Pommes an der letzten Imbissbude.
Das Sprichwort ?Suppe auslöffeln, die man sich selbst eingebrockt hat?, bringe ich jetzt an dieser Stelle lieber nicht, denn ich hab ja nur den kleinen Plastik-Eierlöffel dabei. Das würde damit wohl zu lange dauern-die Suppe auslöffeln. Nein, meinen Löffel werde ich niemals abgeben.
Und manchmal hilft auch nur der Gedanke, daß ein Löffel in meiner Hosen-oder Rocktasche hinten rechts steckt , manch steife verkrampfte Begegnung aufzulockern. Ich stelle mir dann immer vor, ich würde jetzt genau bei dieser offiziellen Begrüßung beim Handeschütteln diesen Löffel in der Innenfläche meiner rechten Hand halten und genüsslich das Gesicht des Gegenübers beobachten. Sagt er was oder nicht. Das Gegenüber geht meist drüber weg. Wenig lustig, Schade. Aber es ist ja auch nur eine vorgestellter Löffel.
Manchmal vergesse ich ihn auch. Und dann zeigt er sich, vorwurfsvoll böse blitzend. Weil ich ihn einige Tage nicht benutzt habe. Da für habe ich volles Verständnis. Ich würdige ihn dann eines Blickes und gebe ihm einen Wellnesstag Pause. Bei 65° und wohligem feuchten Dampf, im Geschirrspüler. Dort fühlt er sich dann hoffentlich wohl und kann sich erholen von seiner anstrengenden Reise. Geduscht und frisch poliert geht?s morgen nach Dresden. Dort könnte ja ein Stück leckere Eierschecke vorbeifliegen.
(05.03.15)

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OT
Die Übersiedelung ging ja ganz fix und (scheints) problemlos - super!

Gutes Gelingen unter der neuen Adresse! : )

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ja,
Vielen Dank noch einmal! es war so formuliert, dass ich es allein schaffen konnte, also "Irmgard" als "Stadtlauscherin" nun weiterlebt. Schön. Danke dem Umzugshelfer.

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Gern. : )

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